top of page
  • AutorenbildYamuna

Seelengeflüster


Ich erinnere mich, wie ich in dieser Vollmondnacht nackt und schweißgebadet in der Wiese lag. Wie mein Körper in der Kühle der Nacht dampfte und ich in den funkelnden Sternenhimmel blickte. Die leuchtende Vollmondin direkt über mir. Das Gras roch in jener Sommernacht so intensiv wie nie zuvor. Das nahe Lagerfeuer knisterte fast schon melodisch, als würde es diese Zeremonie mit einem Trommelwirbel begleiten wollen. Es war der Moment, so pur und doch so surreal, nachdem ich aus der Schwitzhütte kroch, auf allen Vieren. „Du wirst erneut geboren, aus dem Schoß von Mutter Erde.“, sagte mir der Schamane. Wie konnte ich neu geboren werden? Ich komme immer wieder in diesen Geschmack der Neugeburt, lege Schicht für Schicht ab, wer ich nicht bin und ich glaube immer mehr zu verstehen und zu spüren, was er damals damit meinte.


Einige Tage nach der mehrstündigen Zeremonie in der Schwitzhütte und all den vorangegangenen, intensiven Ritualen und Seelenreisen, war mein Herz so weit geöffnet, wie nie zuvor. Ich spürte eine extrem tiefe Verbindung zu allem Seienden. Ich bin ehrlich, ich konnte dieses Gefühl in seiner Stärke kaum aushalten. Tränen schossen mir immer wieder in die Augen. Emotionen rasten in enormer Geschwindigkeit durch mich hindurch. Alles berührte mich jetzt: die Schönheit, das Leid, die Liebe, das Hässliche, die Gerüche, das Gefühl von Zeit, welche doch während all dieser Seelenflüge stillstand, nicht existierte. Das Leben war plötzlich so unendlich tief und präsent, überwältigend.


Ich kann mich heute gar nicht mehr exakt daran erinnern, was in dieser Nacht in der Schwitzhütte genau geschah. Dennoch brannten sich einige für mich sehr wichtige Seelenbotschaften ein, die erst heute, etwa drei Jahre später, langsam einen Sinn für mich ergeben. Eine der wichtigsten Botschaften für mich ist: Ich bin nicht allein.


Ja ich fühlte mich in der Vergangenheit sehr oft getrennt von allen andern, irgendwie nicht dazugehörig, einfach anders. Ist Trennung eine Illusion? Wenn ich in meinem Körperbewusstsein bin, fühlt sie sich sehr real an. Ich und du, ich und die anderen, ich und die Welt. Auch mein Verstand bestätigt mir mein Ich und wie ich bin. Lausche ich jedoch meiner Seele, fühle und verstehe ich sie, bin ich ganz, zusammen mit allen anderen um mich herum, eine Einheit. Seit dieser magischen Zeit, dieser besonderen Nacht, habe ich eine neue Sprache erlernt. Ich spreche nicht nur mit dir, sondern es unterhalten sich unsere Seelen, die sich wohl schon eine Unendlichkeit lang kennen – Seelengeflüster.


Lausche, spüre, lebe deine Seele!


Deine Yamuna

19 Ansichten0 Kommentare
bottom of page